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Wohnen, wo andere feiern gehen ann mbuti, 8. Juli 2017

«Man erlebt hier viel», sagen sie. Sie sind mit dem Auto angereist. Aber inmitten dieses Lärms zu wohnen, das könnten sie sich nicht vorstellen.

Die Rede ist von zwei Besuchern der Partymeile an der Langstrasse, die sich wöchentlich ab Donnerstag (an lauen Abenden bereits am Mittwoch Abend) öffnet. Hier ist immer etwas los, in den Bars, Clubs und Restaurants der Gegend – doch die wahre Magie der Langstrasse spielt sich dazwischen ab: auf der Gasse.

In den heissen Sommernächten am Wochenende ist es fast unmöglich mit dem Auto durch die Menschenmengen zu kommen, so voll ist es an der Rennstrecke der Partygänger. «Die grösste Freiluftbar der Schweiz» titelt ein Artikel im Tagesanzeiger aus 2012, der auch die Seite aufzeigt, die so oft vergessen geht: die der Anwohner.

Die dunkle Seite des Ausgangs
Gröhlende Menschen, Scherben auf der Strasse, Betrunkene, die sich allzu sehr gehen lassen – all diese Seiten machen den Ausgang an der Langstrasse genauso aus, wie die trunkene Euphorie. Längst ist aus dem Interessenskonflikt von wilden Partynächten und ruhigem Schlaf ein Politikum geworden, dem Tischrunden und Diskussionen zwischen allen Beteiligten gerechtwerden sollen.

Im Sommer 2016 stellt die Stadt Zürich ihre Massnahmen für das Langstrassen-Gebiet vor: mobile Toiletten, vermehrte Polizeipräsenz, Auflagen für 24h-Shops und eine Kampagne, die die Partygänger daran erinnen soll, dass hier auch Leute wohnen. «Nachtleben und leben lassen» ist der Slogan, der mit Plakaten an stark frequentierten Stellen auf Lärmemissionen und die Tatsache hinweist, dass Hinterhöfe sich Nachts nicht auf magische Weise in öffentliche Toiletten verwandeln. Reicht das?

Bereits 2012 wird im Tagi-Artikel ein Anwohner zitiert:

Die Aufwertung sei ein Flop, sagt einer, der seit 12 Jahren an der Dienerstrasse wohnt und sich vor dem Langstars ein letztes Bier gönnt. «Was hier an den Wochenenden abgeht, ist jenseits von Gut und Böse.» In den Morgenstunden herrsche quasi eine Endzeitstimmung. Vielen mangle es an Respekt. Von seinem Balkon aus sehe er regelmässig, wie Polizisten angespuckt würden.

Sommer 2017: Die Plakate sind verschwunden, die mobile Toilette steht noch. Im Hintergrund wummern die Bässe des Soundchecks für das Caliente am Helvetiaplatz, das an diesem Wochenende stattfinden wird. Unser Wohnhaus an der Tellstrasse 20 steht kurz vor der Fertigstellung, im August werden die Mieter in ihr neues Zuhause einziehen. Manche von ihnen wohnen bereits im Kreis 4, arbeiten dort oder haben einen anderen Bezug zum Quartier.

Bedenken, was den Lärm am Wochenende betrifft, sind vorhanden. Doch wie die Kampagne der Stadt versucht Toleranz unter den Partygängern zu etablieren, möchten auch wir unseren Teil beitragen. Ein Zuhause im Dunstkreis der Langstrasse ist schliesslich mit Lebendigkeit verbunden – und eben auch mit ihren Konsequenzen. Also muss Toleranz von beiden Seiten gedacht werden: als Rücksicht der Feiernden vor dem Zuhause der Kreis 4 Bewohner und als Nachsicht der Anwohner, die Mitten im Kuchen wohnen.